Der Abbau von Tegel (Freinberger Ton) war lange Zeit für Bauern und Handwerker in Freinberg und
Umgebung ein Erwerbszweig, der für viele Familien eine Existenzgrundlage darstellte. Die Bauern konnten
in früher Zeit Tegel nach Obernzell und später nach Nürnberg verkaufen und hatten zu ihrem kargen
Verdienst aus der Landwirtschaft ein höchst willkommenes Zusatzeinkommen. Kleinhäusler und
Tagelöhner waren auf derartige Arbeiten angewiesen. Bei den Bauern, aber auch beim Abbau durch die
Firma Faber-Castell aus Nürnberg, wurde kurzfristige Beschäftigung geboten. Jedoch war die angebotene
Tätigkeit ausgesprochene Schwerarbeit. Nachdem die letzten Tegelgrabungen bereits in den 1950er
Jahren erfolgten, leben von den Betroffenen nur mehr wenige Zeitzeugen. Gespräche mit diesen
Personen wird ein Teil der Information über den Tegelabbau sein. Durch eine modellhafte Darstellung der
Gruben und der Tegelförderung wird der Vorgang der Grabarbeiten erläutert und verständlich gemacht.
Mit diesem Schwerpunktthema wird versucht, der Bevölkerung den Arbeitsbereich zu erläutern, der in
Neudling seit 300 Jahren üblich war.
Freinberger Tone
Die Entstehung der Freinberger Tone (Tegel) reicht in das Pliozän zurück, also in die Zeit von 5 Millionen
bis 2,4 Millionen Jahre vor der Jetztzeit. Die Freinberger Tone sind Schichten der Süßwassermolasse, die
dem kristallinen Gestein (Gneis und Granit) der Böhmischen Masse auflagern. Das Sediment wird nach
der Körnergröße definiert. In 1,5 bis 2 Meter Tiefe befindet sich ein Vorkommen, welches sich für
Hafnerware und zur Graphittiegel-Herstellung sehr gut eignete. Tiefer liegend war der blaugrüne Ton, der
sich zur Bleistifterzeugung verwenden ließ.
Historisches zur Tegelgewinnung in Neudling
Schon im 17. Jahrhundert wurde im Gebiet von Freinberg Tegel (Freinberger Ton) abgebaut. In der
Hafnerordnung des Passauer Bischofs Leopold I. vom 15. Mai 1615 wird der Tonabbau in Freinberg
erstmals urkundlich erwähnt. 1636 werden Freinberger Bauern genannt, die Ton abbauen. Hier wird der
Topp (Altes Forsthaus in Neudling), der Altweger und der Neundlinger erwähnt.
Der Tegel wurde abgebaut, in Holzfässer verpackt und mit Fuhrwerken über die Ortschaft Parz zur Donau
transportiert. In der Nähe von Schildorf erfolgte die Verladung auf Plätten und die Verschiffung nach
Obernzell (Hafnerzell).
Dazu hatte die Hafnerzunft aus Obernzell an der Donau ein eigenes Grundstück angekauft, um die
Tonlieferungen aus Freinberg reibungslos abwickeln zu können. Auf einer Insel, die heute nicht mehr
besteht, befand sich ein Lager- und Verladeplatz für die Freinberger Tone. Vermutlich in der 2. Hälfte des
19. Jahrhunderts lösten sich die Bande mit Obernzell. Im Franziszeischen Kataster von 1828 scheinen
fünf Freinberger Bauern auf, die Tegel abbauen.
Der Familie des Grafen Faber-Castell, Besitzer einer großen Bleistifterzeugung in Nürnberg, war bekannt
geworden, dass in Freinberg Tegel abgebaut wurde, der sich auch für die Bleistifterzeugung eignete.
Faber-Castell wusste, dass die Freinberger Bauern größtenteils den Ton an die Hafner in Obernzell
lieferten. Nachdem die Lebensumstände der Bauern in Neundling zu dieser Zeit nicht rosig waren,
konnten sie dem Angebot von Faber-Castell aus Nürnberg nicht widerstehen und verkauften ab 1884 ihre
Höfe. Mit dem Kauf von insgesamt 10 Bauernhöfen wollte sich Faber-Castell eine wichtige Rohstoffquelle
für die Erzeugung der Bleistiftminen sichern.